Der Ottiliae-Schacht

Weithin sichtbar ist das 1876 erbaute stählerne Fördergerüst des Ottiliae-Schachtes wenn man aus dem Innerstetal hinauf nach Clausthal fährt.

Das Schachtgerüst ist das älteste aus Eisen erbaute Fördergerüst Deutschlands und war seinerzeit das erste stählerne Fördergerüst des Oberharzer Bergbaus.

Der von 1868 bis 1876 bis zur Tiefen Wasserstrecke saiger abgeteufte Schacht wurde benannt nach dem amtierenden Berghauptmann Ernst Hermann Ottiliae. Der Querschnitt der Schachtröhre misst 2,32m*6,51m

Zunächst als Hauptförderschacht für die Clausthaler und Zellerfelder Gruben neben der Neuen Zentralaufbereitung eingerichtet, wurde das Erz anfänglich über die Tiefe Wasserstrecke mit Erzkähnen unterirdisch zum Schacht geschifft. Späterhin wurde eine elektrische Grubenbahnförderung auf der Tiefsten Wasserstrecke eingerichtet.

Von 1940/42 wurde in der Nachnutzungsphase des Schachtes ein Wasserkraftwerk auf dem Niveau des tiefsten und längsten Harzer Wasserlösungsstollens, dem Ernst-August Stollen, in 360m Tiefe eingerichtet.

Die Turbinen liefen bis 1980 von der ehemaligen Einersberger Zentrale aus ferngesteuert.

1982 wurde der Schacht mit einer 60m langen Betonplombe verschlossen.

Heute ist es eine Außenstelle des Oberharzer Bergwerkmuseums. In den Sommermonaten kann man eine Fahrt vom ehemaligen Clausthaler Bahnhof zum Ottiliaeschacht mit der Tagesförderbahn unternehmen.

Der Ottiliae-Schacht auf einer Postkarte neben der "Neuen Zentralaufbereitung", ca. 1910.

Die Aufbereitung wurde nach Beendigung des Bergbaus in Clausthal-Zellerfeld abgerissen. Einzig das Fördergerüst mit der Fördermaschine blieb erhalten.

Erztransport auf der "Tiefen Wasserstrecke".

Das Erz wurde von den blinden Förderschächten bis 1898 über in Kähnen über die Tiefe Wasserstrecke zum Ottiliae-Schacht transportiert. Hier wurde das Erz mitsamt dem hölzernen Kasten zu Tage gefördert. Die Kästen wurden mit vier Ketten an dem Förderseil angeschlagen. Die Förderzeit für einen Kasten betrug 3 Minuten, so dass ein Schiff in 10-12 Minuten entleert war. Die Umbruchstrecke am Schacht (fünftnächstes Bild) fasste 17 Erzkähne.

Am Schacht "Alter Segen" musste das Erz vorher lose für die Förderung umgeladen werden.

Quelle Bild: H.J. Boyke(1999): Zeichnungen zur Oberharzer Wasserwirtschaft; Clausthal-Zellerfeld, Seite 63.

Zwischen 1900 und 1905 wurde der Ottiliae-Schacht bis zur Tiefsten Wasserstrecke auf 600m abgeteuft. Während dieser Zeit wurden die Erze im Kaiser Wilhelm II Schacht gehoben und mit einer Tagesförderbahn zur "Neuen Zentralaufbereitung" am Ottiliae-Schacht transportiert.

Foto: Bergrat Schennen(1900):.Die elektrische Schmalspurbahn der Königlichen Berginspektion Clausthal: In- Zs. Stahl und Eisen Vol. 20 Nr. 24 15.12.1900, S. 1256.

Füllort des Ottiliae-Schachtes in 571m Teufe.

Von 1905 bis zur Einstellung des Bergbaus 1930 wurde das Erz auf der Tiefsten Wasserstrecke mit elektrischen Lokomotiven zum Füllort befördert.

Foto: Sammlung des Oberharzer Bergwerksmuseums.

1940/42 wurde in dem Quergang zur Umbruchstrecke in 360m Teufe ein Wasserkraftwerk mit zwei Turbinen eingebaut. Dabei wurden Teile der Umbruchstrecke mit dem Abraum verfüllt. (Nächstes Bild) Die Eisen zur Aufnahme der Seile an denen sich der Erzschiffer entlang zog sind zum Teil noch erhalten.

Quelle Oberes Bild: H.J. Boyke(1999): Zeichnungen zur Oberharzer Wasserwirtschaft; Clausthal-Zellerfeld, Seite 62, Ausschnitt.

Das Wasserkraftwerk kurz nach der Stilllegung.

Die Turbinen wurden von der Einersberger Zentrale aus ferngesteuert. Noch heute stehen sie in diesem Zustand 360m Tiefe.

Bild: Markwort,Lutz http://homepage.o2mail.de/lmarkworth/Fotogalerie.html Stand 16.11.2020

Das Wasserkraftwerk auf einer Zeichnung der Preussag AG.

Oben links die Verbindung zur Tiefen Wasserstrecke (Ernst August Stollen). Rechts im Bild die teilweise verfüllte Umbruchstrecke.

Der "Wendehammer" der Umbruchstrecke ist heute verfüllt und nicht mehr zugänglich.

Quelle Zeichnung: K80-103-1_Wasserkraftwerk Ottiliaeschacht_Grundriss NLA HSTA BaCl Nds. 540 Acc. 2 Nr. 776.

In dem seigeren Schacht war anfänglich eine Dampffördermaschine mit 150 PS und konischen Seiltrommeln mit 2,46m-3,00m Durchmesser für die Hauptförderung eingebaut. Die Zeichnung von Leuschner zeigt die Situation um 1879.

"Die Dampf-Fördermaschine auf dem 360m tiefen Ottiliae-Schacht ist eine liegende Zwillingsfördermaschine mit Ventilsteuerung und einer Expansionsvorrichtung welche sich selbstthätig mit dem Gewichte der abgewickelten Seile regulirt." (Hoppe)

Neben der Hauptfördermaschine ist 1872 noch eine weitere, weit schwächere einzylindrigere Dampfmaschine mit zwei hintereinanderliegenden Seilkörben im Betrieb. Diese brachte die im Schacht Silbersegen gehobenen Erze über einen Seitenstollen im Ottiliae-Schacht zur Rasenhängebank und damit zu den Brecheranlagen der Aufbereitung. Diese Maschine würde späterhin zum Transport der Kohle für die Dampfmaschine eingesetzt.

1903 wurde die Dampffördermaschine, bei dem weiteren Abteufen des Schachtes bis zur Tiefsten Wasserstrecke, durch eine elektrische Koeppe-Fördermaschine ersetzt.

Quellen:

Balck, F.(1999): Vom Wasserrad zum elektrischen Antrieb: Clausthal; Seite 60-67.

Die im Bild befindliche elektrische Fördermaschine von 1943, die für die Seilfahrt des Wartungspersonals für die Turbinenanlage eingebaut wurde, ist heute noch betriebsbereit. Über ein Endlosseil kann mit der Maschine eine Seilfahrt simuliert werden.

Das Wasserschloss am Fuß des Schachtgerüstes. (vorherigen beiden Bilder)

Hier liefen die Wasser der drei Gefälle (Rosenhöfer, Zellbach u. Zellerfelder Gefälle) zusammen und gingen in das eiserne Druckrohr hinunter zu den Turbinen in 360m Tiefe.

Die Zeichnung von 1962 zeigt die Gebäude am Ottiliae-Schacht zur letzten Betriebszeit der Oberharzer Wasserwirtschaft.

Von Norden kommen die Wasser des Zellbachgefälles und des Zellerfelder Gefälles. Von Westen das Wasser des Bremerhöher Grabens, von Süden das Wasser der beiden Rosenhöfer Gefälle.

Quelle: KW47-142_Ottiliaeschacht Betriebsgebäude NLA HSTA BaCl Nds. 540 Acc. 2 Nr. 776.

Quellen:

H. J. Boyke(1999): Zeichnungen zur Oberharzer Wasserwirtschaft; Clausthal-Zellerfeld, Seite 63.

Markworth, Lutz (2002): Verschlossen und verriegelt: Bergbaurelikte der Königlich-Preußischen Berginspektion Clausthal/ Lutz Markworth. Oberharzer Geschichts u. Museumsverein e.V. Clausthal-Zellerfeld, Seite 77,94.

Liessmann, Wilfried (2010): Historischer Bergbau im Harz, Ein Kurzführer. 3.Auflage: Berlin/Heidelberg

Hoppe.O.(1883): Die Bergwerke, Aufbereitungs-Anstalten und Hütten sowie die technisch wissenschaftlichen Anstalten Wohlfahrtseinrichtungen pp im Ober- und Unterharz, Clausthal, Seite 204-208.

Leuschner, C(1879):Der Ottiliaeschacht auf der Bremerhöhe zu Clausthal, Mittheilungen des naturwissenschaftlichen Vereins Maja zu Clausthal: Clausthal; Band 1 Seiten 12-19 mit zwei Tafeln.